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GEARPAK-Cylindrical Verzahnungsmesstechnik Zahnradprotokoll

Seltsame Ergebnisse für die Kopfrücknahme

Die Kopfrücknahme eine Modifikation der Zahnflanke. Man setzt sie immer häufiger eingesetzt, speziell um das Geräuschverhalten im Getriebe zu verbessern.

Flankenmodifikationen bringen jedoch mehr Komplexität in die Zahnradgeometrie. Dies wirkt sich auf die Fertigung und auf die Qualitätssicherung aus. Die Herausforderung bei der Qualitätssicherung ist dabei nicht die Messung, sondern die Auswertung.

Übergangsbereich beachten

Ein wichtiger Punkt dabei ist die Definition des Übergangsbereichs zwischen der Rücknahme und dem mittleren Auswertebereich (s.u.).

Kopfrücknahme: Auswertebereiche, Übergangsbereich
Kopfrücknahme: Auswertebereiche, Übergangsbereich

Hat man das beachtet, ist das schon einmal die halbe Miete.

Verzahnungsprotokoll mit seltsamen Werten

Der Übergangsbereich ist definiert. Das Zahnrad auf der Messmaschine. Die Messung läuft problemlos. Jetzt schaut man in das Verzahnungsprotokoll: Die Kopfrücknahme ist im Profildiagramm gut erkennbar.

Kopfrücknahme korrekt definiert mit Übergangsbereich
Kopfrücknahme korrekt definiert mit Übergangsbereich

Jetzt stellt man fest, dass die berechneten Ergebnisse für die Kopfrücknahme vorne und hinten nicht stimmen können:

Kopfrücknahme mit seltsamen Ergebnissen
Kopfrücknahme mit seltsamen Ergebnissen
Position der Kopfrücknahme mit unmöglichen Werten
Position der Kopfrücknahme mit unmöglichen Werten

Das kann doch gar nicht sein!

Ursachenforschung

Was ist hier passiert? Es könnte sich um einen Fehler in der Software handeln. Vielleicht gibt es noch einen anderen Grund?!

Wie wird die Koprücknahme ausgewertet?

Die Position der Kopfrücknahme ist der Schnittpunkt der beiden Regressionsgeraden für Kopfrücknahme und mittleren Auswertebereich.

Wie wird die Regressionsgerade bestimmt?

Die Regressionsgerade wird über die Summe der kleinsten Fehlerquadrate nach Gauß berechnet. Grundlage für diese Berechnung sind die Abweichungen, die im Auswertebereich liegen.

Die Analyse

Schauen wir uns das näher an, dann wird uns klar, was die Ursache ist:

Kopfrücknahme mit seltsamen Ergebnissen
Kopfrücknahme kann nicht korrekt ausgewertet werden

Die Regressionsgeraden (s.o. blau eingezeichnet) verlaufen für die Linksflanke parallel. Deshalb kann kein Schnittpunkt berechnet werden. Das ist der Grund, weshalb die Position der Rücknahme im Protokoll mit Null angegeben ist.

Bei der Rechtsflanke schneiden sich die beiden Regressionsgeraden. Der Schnittpunkt liegt jedoch oberhalb der eigentlichen Kopfrücknahme. Das erklärt den großen Wert für die Position der Rücknahme.

Ursache: Definition des Auswertebereichs

Mit Hilfe der Regressionsgeraden wird klar, was passiert ist und dass die Ergebnisse „plausibel“ sind. Die Software scheint nicht falsch zu rechnen. Die Ursache ist der zu groß gewählte Auswertebereich für den unmodifizierten Teil der Flanke. Im unteren Teil des Profildiagramms erkennt man deutlich, dass die Fußausrundung im Auswertebereich liegt und damit die Berechnung stark beeinflusst. Ein weiteres Indiz dafür sind die sehr großen Profilabweichungen, wie sie unterhalb des Diagramms angegeben sind.

Die Lösung

Der Profilauswertebereich muss angepasst werden, so dass die Fußausrundung außerhalb liegt und damit die Auswertung nicht mehr beeinflusst. Nach der Anpassung des Auswertebereichs:

Korrekte Auswertung der Kopfrücknahme
Korrekte Auswertebereiche: Sinnvolle Ergebnisse für Kopfrücknahme
  • optische Überprüfung des Diagramms: Die Fußausrundung liegt außerhalb des Auswertebereichs,
  • die Profilabweichungen sind deutlich kleiner geworden und sind sogar in Toleranz,
  • die Berechnung der Regressionsgeraden führt zu einem Schnittpunkt mit der Kopfrücknahme

Kontrolle der Ergebnisse für die Kopfrücknahme

Sinnvolle Ergebnisse für die Länge der Rücknahme
Sinnvolle Ergebnisse für die Länge der Rücknahme
Sinnvolle Ergebnisse für die Position der Rücknahme
Sinnvolle Ergebnisse für die Position der Rücknahme

Die berechneten Parameter für die Kopfrücknahme sind jetzt ebenfalls in dem erwarteten Bereich. Das zeigt auch ein Vergleich der berechneten Positionen mit dem Profildiagramm: Der Verlauf der Abweichung lässt erwarten, dass sie innerhalb des definierten Übergangsbereichs liegt.

Fazit

Bei der Auswertung der Rücknahmen ist die Beachtung des Übergangsbereichs wichtig (siehe Übergangsbereich für die Auswertung der Kopfrücknahme – wozu?). Genauso wichtig ist die korrekte Definition der Auswertebereiche. Ansonsten kommt es zu unerwarteten Ergebnissen.

Von Klaus Stein

Ich bin seit 20 Jahren in der Softwareentwicklung und in der Koordinatenmesstechnik tätig.
Die Verzahnungsmesstechnik ist mein Schwerpunkt.