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Das Hohlrad

Warum ein Beitrag über das Hohlrad? Da gibt es schließlich nicht viel zu sagen, oder? Das Hohlrad ist ein Zahnrad, bei dem die Zähnen innen liegen. Es wird deshalb auch Innenverzahnung genannt. Punkt.

Hohlrad mit 22 Zähnen
Hohlrad mit 22 Zähnen

Genauer betrachtet, unterscheidet sich das Hohlrad von der Außenverzahnung in deutlich mehr Aspekten. Das wird dann deutlich, wenn jemand, der hauptsächlich mit Außenverzahnungen arbeitet, auf einmal mit einer Innenverzahnung konfrontiert wird.

Einige Unterschiede habe ich auf meiner Webseite bereits erwähnt. Die Informationen liegen jedoch ziemlich verstreut vor. Um sie zu finden, muss man wissen, nach was man suchen muss. Deshalb fasst dieser Beitrag die Unterschiede zwischen Außen- und Innenverzahnung zusammen.

Zähne

Die Zähne liegen bei einem Hohlrad innen (s.o.).

Kopf/Fußkreisdurchmesser

Der Kopfkreisdurchmesser ist der äußere Durchmesser bei einer Außenverzahnung. Der Fußkreisdurchmesser ist in diesem Fall kleiner als der Kopfkreisdurchmesser.

Außenverzahnung: Kopfkreis (1) und Fußkreis (2)
Außenverzahnung: Kopfkreis (1) und Fußkreis (2)

Bei einem Hohlrad ist es genau umgekehrt. Der Kopfkreis ist in diesem Fall kleiner als der Fußkreisdurchmesser.

Der Fußkreis ist am Grund der Zahnlücke definiert. Der Kopfkreis ist am Zahnkopf definiert. Der Zahnkopf ist am dünneren Ende des Zahnes, also dort wo die Zahndicke am kleinsten ist.

Innenverzahnung: Kopfkreis (1) und Fußkreis (2)
Innenverzahnung: Kopfkreis (1) und Fußkreis (2)

Links-/Rechtsflanke

Links- und Rechtsflanke sind folgendermaßen definiert (laut DIN ISO 21771:2014):

„Rechtsflanke (bzw. Linksflanke) ist diejenige Zahnflanke, die ein Beobachter mit Blickrichtung auf die Bezugsstirnfläche an einem nach oben gerichteten Zahn [Zahnkopf zeigt nach oben] an dessen rechter (bzw. linker) Seite sieht. Diese Definition gilt sowohl für außenverzahnte als auch für innenverzahnte Räder.“

Innenverzahnung: Linksflanke (1) und Rechtsflanke (2) an einem oben gerichteten Zahn
Innenverzahnung: Linksflanke (1) und Rechtsflanke (2) an einem oben gerichteten Zahn
Außenverzahnung: Linksflanke (1) und Rechtsflanke (2) an einem nach oben gerichtete Zahn
Außenverzahnung: Linksflanke (1) und Rechtsflanke (2) an einem nach oben gerichtete Zahn

Die beiden Bilder machen die o.g. Definition leichter verständlich.

DIN 3960 gibt den zusätzlichen Hinweis:

„Bei einem Stirnradpaar arbeiten – unter Annahme einer gemeinsamen Blickrichtung – Rechtsflanken mit Rechtsflanken oder Linksflanken mit Linksflanken zusammen.“ Das folgende Bild zeigt dies. Mit dieser zusätzlichen Information ist es ausreichend sich nur die Definition für Außenverzahnungen merken, um Links- und Rechtsflanke zu identifizieren.

Innenverzahnung: Linksflanke (1) und Rechtsflanke (2)
Innenverzahnung: Linksflanke (1) und Rechtsflanke (2)

Flankenform

Die Flankenform der Innenverzahnung ist identisch zu der der gepaarten Außenverzahnung. Im Falle von Stirnrädern mit evolventischen Flanken, ist die Flankenform eine Evolvente. Bei der Außenverzahnung führt die Evolvente zu konvexen Flanken. Bei der Innenverzahnung führt sie zu konkaven Flanken.  Das Hohlrad ist quasi das „Negativ“ zur Außenverzahnung.

Außen- und Innenverzahnung mit evolventischer Flankenform
Außen- und Innenverzahnung mit evolventischer Flankenform

Zahndicke/Lückenweite

Bei einer Außenverzahnung steht die Zahndicke im Fokus. Bei der Innenverzahnung dagegegen die Lückenweite. Das kommt u.a. von der Steckverzahnung, da Zahndicke und Lückenweite bestimmen, ob sich beide Verzahnungen fügen lassen und damit die Funktion bestimmen.

Flanken- bzw. Schrägungsrichtung

Innen- und Außenverzahnung können eine von drei Schrägungsrichtungen haben: geradverzahnt (Schrägungswinkel = 0°), rechtssteigend, linkssteigend.

Geradverzahnte Innenverzahnung: mit transparentem Radkörper und Kennzeichnung der Schrägungsrichtung mittels Pfeil
Geradverzahnte Innenverzahnung (Schrägungswinkel = 0°)

Betrachten wir eine Innen-Außenverzahnungspaarung, müssen beide Verzahnungen über die identische Schrägungsrichtung und den identischen Schrägungswinkel verfügen.

Die Definition der Schrägungsrichtung bzw. Flankenrichtung ist laut DIN ISO 21771:2014:

„Die Flankenrichtung ist rechtssteigend (linkssteigend) wenn der Verlauf der der Flankenlinie einer Rechtsschraube (Linksschraube) entspricht“

Die Schrägungsrichtung rechts- und linkssteigend lässt sich an einer Außenverzahnung intuitiv ablesen.

Rechtssteigende Aussenverzahnung: Kennzeichnung der Schrägungsrichtung mittels Pfeil
Rechtssteigende Aussenverzahnung
Linkssteigende Aussenverzahnung: Kennzeichnung der Schrägungsrichtung mittels Pfeil
Linkssteigende Aussenverzahnung

Bei einer Innenverzahnung fällt die Einordnung, ob links- oder rechtssteigend nicht so einfach. Ein kleiner Test gefällig?

Welche Schrägungsrichtung hat die folgende Innenverzahnung?

Innenverzahnung: Schrägungsrichtung ist rechtssteigend
Innenverzahnung: Mit welcher Schrägungsrichtung?

Hier die Auflösung:

Die korrekte Schrägungsrichtung lässt sich über die o.g. Definition mit der „Rechtsschraube“ bzw. „Linksschraube“ ermitteln. Intuitiv ist diese bei einer Innenverzahnung leider nicht. Visuell ablesen kann man es bei einer Innenverzahnung nur, wenn das Material z.B. halb-transparent wäre (s.u.).

Rechtssteigende Innenverzahnung: mit transparentem Radkörper und Kennzeichnung der Schrägungsrichtung mittels Pfeil
Rechtssteigende Innenverzahnung: mit Kennzeichnung der Schrägungsrichtung

Als Eselsbrücke bleibt ansonsten nur, entgegengesetzt denken. Sie können bei dem Hohlrad sehen, dass die Zähne nach links oben ansteigen. Dann ist es ein Hohlrad mit Flanken- bzw. Schrägungsrichtung „rechts“.

Linkssteigende Innenverzahnung: mit transparentem Radkörper und Kennzeichnung der Schrägungsrichtung mittels Pfeil
Linkssteigende Innenverzahnung: mit Kennzeichnung der Schrägungsrichtung

Von Klaus Stein

Ich bin seit 20 Jahren in der Softwareentwicklung und in der Koordinatenmesstechnik tätig.
Die Verzahnungsmesstechnik ist mein Schwerpunkt.