Was wir täglich vor Augen haben, tritt bei unserer Wahrnehmung in den Hintergrund. Die Umgebungsbedingungen zählen dazu.

Das Ishikawa-Diagramm zählt die folgenden Faktoren für die Umgebung auf:
- Temperatur
- Temperaturverlauf
- Schmutz
- Schwingungen
- Luftfeuchtigkeit
Die Temperatur ist das größte Problem, mit dem wir in der Längenmesstechnik zu kämpfen haben. Warum das so ist, wird in einem separaten Artikel ausführlich betrachtet. Deshalb lasse ich die Temperatur und den Temperaturverlauf an dieser Stelle aus.
Schmutz
Es ist jedem klar, dass Schmutz, der sich auf dem Werkstück befindet, die Messung beeinflusst. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Fehlmessungen auftreten, die durch Schmutz verursacht werden.

Als erstes fällt einem dabei das Werkstück ein. Egal ob es spanend, umformend oder urformend (schmieden, gießen) gefertigt wird, Schmutz kann immer vorhanden sein. Das können Späne sein, ein Grat, Öl oder andere Partikel, die auf der Oberfläche anhaften. Bei einer Verzahnung ist zum Beispiel nicht auf den ersten Blick erkennbar, ob wirklich alle Flanken sauber sind. Man muss genau hinschauen. Das ist mühsam und kostet Zeit. Unklare Messergebnisse kosten jedoch noch deutlich mehr Zeit und Geld.
Auswirkung je nach Messverfahren
Je nach Messverfahren wirkt sich der Schmutz anders aus. Bei der taktilen Messung wird der Schmutz mit angetastet und verfälscht einzelne Messpunkte. Beim scannenden Messverfahren schiebt der Taster den Schmutz vor sich her. Die Einzelpunktantastung belässt den Schmutz an Ort und Stelle. Bei einer Wiederholungsmessung wird die Einzelpunktantastung deshalb eine bessere Wiederholbarkeit zeigen als die scannende Messung.

Die optische Messung hat den Vorteil, dass sie keinen Kontakt mit der Werkstückoberfläche hat. Trotzdem kann das Messergebnis verfälscht werden, da der optische Sensor nicht zwischen Werkstück und Schmutz unterscheiden kann.

Schmutz am Werkstück birgt für die taktile Messung ein weiteres Problem: Der Schmutz kann am Tastelement anhaften. Damit wird potentiell jeder Messpunkt fehlerhaft.
Gegenmaßnahmen
Es ist deshalb ratsam, das Tastelement regelmäßig zu begutachten und zu reinigen. Das sollte nicht erst vor einer Messung, sondern bereits vor dem Einmessvorgang geschehen.
KMG-Hersteller bieten Reinigungssysteme für Tastelemente an. So kann die Reinigung automatisiert und in den Messablauf integriert werden (s. Mitutoyo StyliCleaner).
Schwingungen
Das Koordinatenmessgerät (kurz: KMG) ist ein sehr empfindliches Gerät. Es reagiert deshalb auf Schwingungen, die auf das KMG einwirken. KMGs werden im industriellen Umfeld mit entsprechender Nähe zur Fertigung eingesetzt. Je nach Fertigungsverfahren können sehr unterschiedliche Schwingungen auftreten. Große Pressen, Gesenkschmieden oder Stanzmaschinen erzeugen Schwingungen bzw. Stöße. Das Bewegen und Stoppen eines großen Kranes im Geschoss unter dem Messraum kann ebenfalls Stöße verursachen.

Weniger deutlich für den Bediener wahrnehmbar sind Schwingungen, die von Fertigungsmaschinen in unmittelbarer Nähe zum KMG entstehen. Das können Bearbeitungszentren sein, Dreh-, Fräs- oder Schleifmaschinen. Diese senden höher frequente Schwingungen aus bedingt durch kleine Unwuchten und hohe Drehzahlen. Auch diese können das Messgerät beeinflussen.
Gegenmaßnahmen
Am besten ist eine örtliche Trennung von Messgerät und dem Verursacher der Schwingung. Damit kauft man sich jedoch längere Wege zwischen Fertigung und Messplatz ein. Im Falle der Inline-Messung ist das indiskutabel.
Alternativ kann ein separates Fundament für das Messgerät verwendet werden, das vom Rest des Gebäudes entkoppelt ist. Diese Lösung ist sehr aufwändig und nur praktikabel, wenn man entsprechend langfristig planen kann, z.B. wenn eine neue Halle gebaut werden soll. In diesem Fall kann der Standort und das separate Fundament von vornherein eingeplant werden.
Eine andere Alternative ist eine aktive Schwingungsdämpfung für das Messgerät. Das Messgerät kann weiterhin in der Nähe zur Fertigung aufgestellt werden. Es werden keine baulichen Veränderungen benötigt und ist somit die günstigste und praktikabelste Lösung. Ein Beispiel dafür sind BiAir® Luftfedern der Firma Bilz. Diese Luftfedern ermöglichen die Empfängerisolation von Koordinatenmessgeräten. Sie können jedoch auch zur Quellenisolation an der Fertigungsmaschine verwendet werden.
Luftfeuchtigkeit
Hohe Luftfeuchtigkeit ist grundsätzlich „Gift“ für jede Maschine. Mit der Zeit leidet die Maschine. Teile beginnen zu korrodieren. Schon deshalb ist es wichtig, die Luftfeuchtigkeit im Griff zu haben.

Die Luftfeuchtigkeit kann sich in der Koordinatenmesstechnik noch an zwei anderen Stellen negativ auswirken.
Auswirkung auf das Werkstück
Luftfeuchtigkeit wirkt sich vor allem auf Kunststoffe aus. Speziell Polyamide nehmen Feuchtigkeit auf und verändern sich dadurch. Sie quellen auf. Diese Veränderung macht sich in Maßänderungen bemerkbar. Das muss vermieden werden. Eine Gegenmaßnahme ist das Konditionieren der Werkstücke. Damit kann die aufgenommene Feuchtigkeit reguliert werden.
Kontrollierte Bedingungen für die Luftfeuchtigkeit verhindern bzw. verringern diesen Effekt.
Auswirkung auf das Messverfahren
Bei der Laser-Interferometrie hat die Luftfeuchtigkeit direkte Auswirkungen auf das Messverfahren und damit auf das Messergebnis.

Die Laser-Interferometrie verwendet das Phänomen der Interferenz (= Überlagerung) von Wellen. Dadurch kann man Rückschlüsse ziehen, wie ein Gegenstand mit der Lichtwelle des Lasers interagiert. Die Genauigkeit der Messung hängt von der Lasereinheit ab, aber auch davon wie genau die Wellenlänge des Lasers bekannt ist. Die Wellenlänge hängt vom Brechungsindex des Mediums ab, das der Laser durchstrahlt. In unserem Fall ist das Medium die Luft. Der Brechungsindex der Luft hängt von ihrer Temperatur, ihrem Luftdruck und ihrer Luftfeuchtigkeit ab. Ändert sich einer dieser Parameter, ändert sich folglich die Wellenlänge des Lasers. Bleibt diese Änderung unbemerkt, ergeben sich Messfehler.
Lösung
Eine Klimaanlage regelt nicht nur die Temperatur, sondern auch die Luftfeuchtigkeit. In einem klimatisierten Messraum sollte die Luftfeuchtigkeit konstant sein und außerdem in einem normalen Bereich liegen.

Wird das Koordinatenmessgerät zur Inline-Messung eingesetzt werden, muss die Luftfeuchtigkeit überwacht werden. Man sollte über eine Umhausung für das KMG nachdenken, wenn die Werte zu stark schwanken. So können Luftfeuchte und -temperatur in einem akzeptablen Rahmen gehalten werden können.